„Wir stellen zwar bei vielen lebensmittelbedingten Erkrankungen einen Rückgang der Infektionszahlen fest, aber wir müssen dennoch weiter an einer kontinuierlichen und effektiven Zoonosenbekämpfung arbeiten“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).
Vom 12. bis
14. November 2012 haben im BfR über 200 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler neue Erkenntnisse und Entwicklungen zum Thema diskutiert.
Handlungsbedarf sehen die Experten beispielsweise bei der konsequenten
Einhaltung und Kontrolle von Hygienemaßnahmen, der Weiterentwicklung der
diagnostischen Methoden, der Verbesserung der Instrumente zur Aufklärung von
überregionalen Ausbrüchen und einer Ausweitung des Zoonosenmonitorings.
Infektionen
über Lebensmittel werden in Deutschland vor allem durch die Bakteriengattungen
Campylobacter und Salmonellen verursacht. Erfolge bei der Zoonosenbekämfung
zeigen sich besonders deutlich im Rückgang der Salmonelleninfektionen: Durch
Bekämpfungsmaßnahmen in den landwirtschaftlichen Betrieben konnten die
Infektionszahlen innerhalb von fünf Jahren von etwa 55.000 auf unter 25.000
Infektionen pro Jahr reduziert werden. Infektionen mit Campylobacter sind
hingegen weiterhin die häufigsten zoonotischen Infektionen des Menschen und ein
Rückgang der Infektionszahlen zeichnet sich bislang nicht ab.
Neben den
bakteriellen Erkrankungszahlen spielen auch die durch Noro- und Rotavirus
ausgelösten Infektionen in Deutschland eine große Rolle. Dennoch fehlen nach
wie vor wichtige Erkenntnisse zu deren Übertragungswegen, Tenazität und
Inaktivierung. Auch die Meldungen von Erkrankungen durch das bisher nur wenig
untersuchte zoonotische Hepatitis E-Virus nehmen stetig zu. Darüber hinaus muss
durch die Ausweitung des globalen Lebensmittelhandels auch mit Viren gerechnet
werden, die in Deutschland bisher nur eine untergeordnete Rolle bei
Lebensmittelkontamination spielen.
Die
Referenten und Teilnehmer der Veranstaltung betonten die Bedeutung der Hygiene,
insbesondere von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen, für die Bekämpfung der
unterschiedlichsten Zoonoseerreger. Wichtig ist hier auch eine kritische
Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen: Neben intensiven Kontrollmaßnahmen
für bedeutsame Erreger wie Salmonellen oder Campylobacter auf allen Stufen der
Lebensmittelkette müssen auch seltene Kombinationen aus Erregern und
Lebensmitteln als Gefahrenquelle berücksichtigt werden. So haben verschiedene
Krankheitsausbrüche gezeigt, dass auch über pflanzliche Lebensmittel
Infektionserreger verbreitet werden können.
Fortschritte
sind derzeit bei der Entwicklung diagnostischer Methoden zum Nachweis von
Erregern zu verzeichnen. Damit sind neue Herausforderungen verbunden: So ist
mittlerweile die Analyse des gesamten Genoms eines Erregers technisch sehr
einfach geworden, was ein vertieftes Verständnis der Eigenschaften dieser
Erreger und genetischer Veränderungen ermöglicht, aber auch Fragen zur
Bedeutung der Daten aufwirft. So sind beispielsweise Erreger in der Lage, ihre
Eigenschaften zu verändern oder sich in anderen Lebensräumen wie Pflanzen zu
etablieren. Die Methoden der Diagnostik und Epidemiologie müssen daher stetig
weiter verbessert und problembezogen eingesetzt werden.
Erweiterte
Möglichkeiten der Datenerfassung und des Datenmanagements sowie die Erarbeitung
neuer Methoden zur Simulation erlauben eine verbesserte und schnellere
Risikobewertung. Die Zuordnung von Infektionen zur Quelle und die Einschätzung
der von bestimmten Erregern ausgehenden Gefahren, werden durch die neuen
epidemiologischen und diagnostischen Möglichkeiten kontinuierlich verbessert.
Eine wesentliche Grundlage dafür ist die aktuelle Übersicht über das Vorkommen
und die Eigenschaften von Erregern in den verschiedenen Lebensmittelketten, wie
sie im Rahmen des Zoonosen-Monitorings gewonnen wird. Daraus ergibt sich die
Forderung, die Monitoringaktivitäten weiter zu verstärken.
Bei der
Aufklärung großer Ausbrüche haben Analysen der Lieferströme der Lebensmittel
einen zentralen Beitrag geleistet. Die Kombination von Diagnostik in
hochspezialisierten Labors mit EDV-gestützten epidemiologischen Untersuchungen,
wie sie im BfR zur Verfügung stehen, spielen bei der Ausbruchsaufklärung eine
große Rolle. Mit Blick auf die komplexen Vertriebswege im Handel wurde für die
Ausbruchsaufklärung jedoch Bedarf für verbesserte Instrumente zur
Rückverfolgung von Zutaten identifiziert.
Die
Diskussionen während der Veranstaltung haben gezeigt, dass der Handlungsrahmen
zur kontinuierlichen Zoonosenbekämpfung nach wie vor durch die Stichworte
Verbraucheraufklärung, Hygiene und Überwachung der Lebensmittelkette abgesteckt
wird. Entscheidend für eine Verbesserung der Zoonosenbekämpfung ist es, neue
wissenschaftliche Erkenntnisse nutzbar zu machen und die Bekämpfungsmaßnahmen
kontinuierlich den neuen Erkenntnissen anzupassen.
Über das
BfR
Das
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung
im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu
Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Das BfR betreibt
eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen
Bewertungsaufgaben stehen.