Lebensmittelunternehmen fixen kleine Kinder gezielt mit
einer Extraportion Zucker an: Frühstücksflocken, die speziell für Kinder
vermarktet werden, enthalten im Mittel 50 Prozent mehr Zucker als
Erwachsenen-Produkte. Das ist das Ergebnis eines Marktchecks der
Verbraucherorganisation foodwatch. Flocken, die für Erwachsene verkauft werden,
kommen demnach im Mittel auf 20 Gramm Zucker pro 100 Gramm -
Kinder-Frühstücksflocken dagegen auf 30 Gramm.
"Bei Lebensmitteln für Kinder geben sich Hersteller
besonders verantwortungsbewusst. Unser Marktcheck belegt das genaue Gegenteil:
Die Industrie geht verantwortungslos mit der Gesundheit der Kinder um - und
das, obwohl Frühstücksflocken eigentlich ein ausgewogenes Produkt sein
könnten", sagte Anne Markwardt, foodwatch-Expertin für Kinderlebensmittel.
"Wir brauchen endlich eine gesetzliche Zuckergrenze: Nur noch solche
Frühstücksflocken, die maximal 10 Prozent Zucker enthalten, dürfen an Kinder
vermarktet werden."
Für den Marktcheck hat foodwatch exemplarisch insgesamt 180
Produkte für Kinder und Erwachsene von sieben Anbietern verglichen: die
Frühstücksflocken aus dem Sortiment der konventionellen Hersteller Nestlé,
Kellogg’s, Kölln und Wurzener, des Bio-Unternehmens Dennree und der beiden
Discounter Lidl und Aldi (Nord). Das eindeutige Ergebnis: Bei allen Firmen sind
die Kinder-Frühstücksflocken deutlich zuckriger als die für Erwachsene.
Besonders überzuckert waren die Kinder-Produkte von Aldi und Nestlé: Der
Discounter Aldi kommt bei den Kinder-Frühstücksflocken im Mittel auf 35 Prozent
Zucker gegenüber 20 Prozent im Erwachsenen-Sortiment. Nestlés Flocken für
Kinder enthalten im Mittel 32 Gramm Zucker pro 100 Gramm, die
Erwachsenen-Produkte dagegen 17 Gramm.
In einer Protestaktion haben bereits mehr als 30.000
Verbraucher vom größten Nahrungsmittelkonzern der Welt, Nestlé,
Rezepturänderungen gefordert. Sie unterstützten die Protestaktion gegen
überzuckerte Frühstücksflocken für Kinder, die als E-Mail-Aktion unter dem
Motto "Zucker runter, Nestlé!" auf www.foodwatch.de/aktion-nestle
läuft. Der Lebensmittel-Multi will bisher nur Alibi-Veränderungen vornehmen.
Nestlé kündigte an, den Zuckergehalt seiner in Deutschland an Kinder
vermarkteten Flocken 2013 zu senken: auf maximal 28 Prozent - was immer noch
dem Zuckergehalt vieler Kuchen und Torten entspricht. Gleichzeitig brachte
Nestlé erst in diesem Jahr ein neues Produkt auf den Markt, das deutlich mehr
Zucker enthält als in der neuen Zielmarke vorgesehen: Die
"Kosmostars" mit 34 Prozent.
Für die Industrie sind süße Frühstücksflocken ein
einträgliches Geschäft. Doch mit den zuckrigen "Cerealien" werden
Kinder schon am Frühstückstisch auf Süß getrimmt. Kinder in Deutschland essen
allerdings ohnehin schon zu viele Süßigkeiten. Bereits 15 Prozent der Kinder
gelten als zu dick, 6 Prozent sogar als fettleibig (adipös).
"Mehr Zucker rein, und auf die Packung bunte
Comicfiguren und Gewinnspiele - so fixen die Hersteller schon kleine Kinder mit
ihren Zucker-Flocken an", erklärte Anne Markwardt von foodwatch. "Und
Eltern und Großeltern wird mit zugesetzten Vitaminen und dem Versprechen auf
Vollkorn-Getreide vorgegaukelt, die Zuckerbomben im Müsli-Look seien ein
ausgewogenes Frühstück."