Neben klassischen Süßstoffen wie Aspartam und Cyclamat ist mit Stevia
mittlerweile auch eine natürlichere Alternative auf dem Markt
erhältlich. Doch hilft die kalorienfreie Ersatzsüße tatsächlich auch bei
Übergewicht und Diabetes?
Süßstoffe liefern keine Kalorien
und wirken sich nicht auf den Blutzuckerspiegel aus. Gerade für
Übergewichtige und Diabetiker scheinen diese eine gesunde Alternative zu
herkömmlichem Zucker zu sein. Süßstofftabletten und Light-Getränke
erfreuen sich bei ihnen daher großer Beliebtheit. Dabei ist es
wissenschaftlich nach wie vor umstritten, ob die Ersatzsüße tatsächlich
die ideale Lösung zum Kalorieneinsparen ist. Viele Wissenschaftler
vermuten weiterhin, dass Süßstoffe Appetit auf süße Speisen fördern und
so zur weiteren Kalorienzufuhr beitragen. Tatsächlich erzeugen diese ein
hundert- bis fünfhundertfach höheres Süßempfinden auf der Zunge als
normaler Haushaltszucker. Bei regelmäßigem Genuss einer bestimmten
Geschmacksrichtung – sei es nun süß, salzig oder würzig - stumpfen die
Geschmacksnerven zunehmend ab und es bedarf einer immer höheren Menge,
um den jeweiligen Geschmack wahrzunehmen.
Wissenschaftliche
Experimente und Bevölkerungsstudien versuchen seit Jahrzehnten die
Frage nach dem Nutzen oder Risiko von Süßstoffen zu klären – bislang mit
mehr als widersprüchlichen Ergebnissen. Unter experimentellen
Bedingungen reduzieren diese sicherlich die Kalorienaufnahme und
folglich das Gewicht. In der Realität tragen allerdings mehr Faktoren
als nur der Zucker- und Kaloriengehalt eines Nahrungsmittels zu
Übergewicht bei. In langjährigen Beobachtungsstudien an großen
Bevölkerungsgruppen blieb ein Gewichtsverlust durch Light-Getränke aus.
Vielmehr brachten regelmäßige Süßstoffkonsumenten nach einigen Jahren
teilweise mehr auf die Waage als andere Studienteilnehmer. Zwar lässt
sich aus der Beobachtung nicht ableiten, dass die Ersatzsüße selbst zur
weiteren Gewichtszunahme beiträgt. Diesem vorbeugen oder das Gewicht
langfristig reduzieren konnte der Gebrauch von Süßstoff aber
offensichtlich nicht. Der Nutzen bleibt folglich zweifelhaft.
Gerade
für Abnehmwillige und Diabetiker, die mit Zucker sparsam umgehen
sollten, ist es sinnvoller, sich die Süßvorliebe „abzutrainieren“. Die
für das Geschmacksempfinden zuständigen Sinneszellen der Zunge erneuern
sich innerhalb von drei bis vier Wochen. Wer für diese Zeitspanne
konsequent auf Süßes verzichtet, sensibilisiert seine Zunge wieder und
nimmt bereits geringe Mengen Zucker als ausreichend süß wahr. Vieles
schmeckt plötzlich auch ohne den Zusatz von Zucker oder Süßstoffen. Im
Übrigen lässt sich auf diesem Wege auch die Vorliebe für andere
intensive und appetitfördernde Geschmacksgeber wie Salz, Glutamat,
Brühwürfel oder Würzsoßen abschwächen. Bleibt die Süßvorliebe dennoch
hartnäckig bestehen, kann dies auf psychologische Hintergründe
hindeuten. Zuckerreiche Speisen aktivieren das Belohnungszentrum im
Gehirn und wirken als Emotionsarznei gegen Stress, Traurigkeit oder
Melancholie. Auf Dauer hilft hier nur die Suche und Beseitigung der
emotionalen Auslöser. Süßstoffe sind auch in diesem Falle wenig
hilfreich.
Quelle: Yang Q: Gain weight by "going diet?"
Artificial sweeteners and the neurobiology of sugar cravings:
Neuroscience 2010. Yale J Biol Med; 83(2):101-8: 2010
Redaktion: Dipl.troph. Christine Langer